Voyeurcup 2003


Ist der Cup in der Krise?

Diese Frage machte am Sonntagabend nach dem Cup die Runde. Was aber ist überhaupt eine Krise? Man denkt dabei an eine schwierige Zeit, die zu überstehen ist, also eher an etwas, das uns passiert und viel weniger an etwas, mit dem wir aktiv umgehen. Etymologisch ist Krise allerdings ein vom grichischen Verb krinein (trennen, entscheiden) herkommendes Wort, das auch einen durchaus aktiven Vorgang des Differenzierens bezeichnen kann. Wie kommt es aber, dass das Gerücht von der Krise des Cups überhaupt entstehen konnte? Dazu einige Überlegungen, die wir - einige Leipziger - diskutierten und die ich aus meiner Sicht hier wieder geben möchte, um eine Diskussion anzuregen. Und um uns wenigstens eine Basis für eine bewußte Entscheidung zu geben, um zu sehen, ob wir eine Krise, wenn es sie denn gibt, passiv oder aktiv aufnehmen. Stellungnahmen sind daher also mehr als erwünscht.

   Damit das Folgende nicht falsch verstanden wird, möchte ich extra betonen, dass wir Leipziger auch dieses Jahr sehr viel Spaß am Cup hatten. Nur leider sonntags etwas wenig Fussball gespielt haben.

   Bei strahlendem Sonnenschein und Temperaturen über 30 Grad trafen sich wieder viele fussballgebeisterte Mannschaften auf dem Sportplatz Schafbrücke, um den diesjährigen Voyeurcup zu begehen. Weniger Teilnehmer als letztes Jahr ermöglichten eine längere Spielzeit; trotzdem fehlten spürbar altgediente Mannschaften, wie die Reservoir Dogs, von denen allerdings einige Spieler anwesend waren, um die Sissies anzufeuern und zu feiern. Denn der Voyeurcup ist ein Fest, nicht nur um Fussball zu spielen, sondern auch um sich zu treffen. Leider waren deutlich weniger Zuschauer, Fans, Anhang usw. als sonst auf dem Voyeurcup. Ob es nur an der Hitze lag oder wie kolportiert wird, eine gewisse Cupmüdigkeit um sich greift, konnte nicht ausfindig gemacht werden.

   Neben dem geringeren Zuschauerinteresse waren am späteren Sonntagabend auch Stimmen von Spielern einzelner Mannschaften zu vernehmen, die ebenfalls eine Müdigkeit konstatierten. Die Enttäuschung darüber, dass man es dieses Jahr wieder nicht geschafft hatte, den Cup trotz bester Vorbereitung und nochmals gestärkter Mannschaft zu gewinnen, und 7 to 9 schon das dritte Jahr in Folge im Endspiel waren und davon zwei mal siegten, spielte sicher eine grosse Rolle. Ein weiterer Punkt ist sicher, dass wir wieder sehr lange Wartezeiten zwischen den Spielen, ohne grössere Leberschäden überstehen mussten. Auffällig in diesem Jahr war das geringe Interesse am Endspiel. Nur wenige verfolgten den von vielen vorhergesehenen Ausgang. Aber man sollte bedenken, dass beim Fussball alles möglich ist. Oder doch nicht? Jedenfalls ist das Desinteresse am Endspiel auch ein Zeichen des olympischen Geistes des Voyeurcups. Aber es zeigt auch die Unverbundenheit von 7 to 9 zu dem, was den Voyeurcup ausmacht. Ich will damit nicht sagen, dass die Cupmüdigkeit alleine von 7 to 9 ausgeht. Die Cupmüdigkeit ist auch ein Zeichen, dass einige eingeschliffene Rituale nicht mehr den Kick verschaffen, den sie über Jahre hinaus bestens erfüllt haben. Die Mannschaften und das Umfeld des Cups müssen sich neue Rituale erarbeiten, denn ein gelungener Cup ist nicht nur den Organisationstalenten Bernd Rausch und Chris Wroblewski zu verdanken, sondern wird massgeblich von den Mannschaften getragen. Hier scheint mir weniger mehr zu sein, denn neue belebende Elemente werden nicht gefunden, wenn der Rahmen enger gesteckt wird, sondern wenn die Teilnehmer den Raum für ihre eigene Kreativität gelassen wird. Das zeigt sich deutlich am Rahmenprogramm: außer dem Kinder gegen Erwachsenenspiel wird es kaum mehr angenommen. Die Abschlussveranstaltung im Helmut war schlecht besucht, obwohl die Tanzeinlage der Copykickers grossartig war. Neben den Endspielteilnehmern wurde noch einige andere Ehrungen mit immer dem selben Preis vergeben: Pumas Büchlein "rien ne va plus". Etwas einfallsreicher als diese Werbeaktion hätte es schon sein können, bzw. könnte man den ganzen Schnickschnack lassen. Warum muss eine Band spielen, die extra aus Frankfurt angekarrt wird? Könnte man sich nicht wieder irgendwo verabreden und sehen, was man selbst zustande bringt. Mir und einigen anderen war es jedenfalls zuviel. Das Helmut war dann auch frühzeitig leer. Rien ne va plus könnte daher auch das Motto des Abends gewesen sein. Es sollte aber nicht das Motto des Cups werden! Dazu müssen die Mannschaften wissen, was sie wollen und den Cup selbst gestalten. Uns, den Leipzigern, hat es z.B. was gebracht, den aus der Not ausgegebenen Vorschlag des letzten Jahres aufzunehmen, und auf dem Platz zu zelten. Leider hat dies sonst keine Mannschaften wahrgenommen. Für uns bedeutet das gemeinsame Zelten auf jeden Fall eine Qualitätssteigerung - und nicht nur, weil man morgens pünktlich auf dem Platz ist.

   Trotz der längeren Spielzeit ist es fussballerisch für uns z.B. immmer schade sonntags nur noch zwei Spiele zu machen, weil wir regelmäßig im Viertelfinale ausscheiden. - OK, ich weiss, ich hätte meinen Siebenmeter halt einfach beser schiessen müssen. - Vielleicht sollten wir uns demnach überlegen, ob wir uns nicht vom Voyeurcup trennen und sonntags auf den Sieg im Schattencup setzen, denn dort hätten wir vielleicht die Möglichkeit auch sonntags wenigstens drei Spiele zu bestreiten. Einige andere Mannschaften denken ebenfalls in dieser Richtung, spätestens wenn nächstes Jahr der Sieger wieder 7 to 9 heissen sollte und trennen sich vom Voyeurcup, um den Schattencup zu spielen, und zwar als bewußte Trennung. Die bewußte Entscheidung sich vom Cup zu trennen und im Schattencup zu spielen, ist die interne Krise des Voyeurcups. Die externe wäre ein anderes Turnier mit weniger Mannschaften zu spielen. Ich glaube, dass die interne Krise und die Diskussion, um den Voyeurcup nötig ist, um ihn aus der Müdigkeit aufzuwecken. Stark genug sind die Mannschaften und das Umfeld dazu, die Krise zu nutzen.

52 Grüsse Thomas

P.S. Unabhängig von diesem Text überlegen einige Mannschaften ein kleineres Turnier zu spielen. Oder wir melden uns alle für den Schattencup.





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